Von unserem Redakteur Mario Quadt
Angela Merkel betritt die Szenerie, lächelt, winkt den Musikern zu, dann den Zuhörern auf den Marktplätzen überall in Deutschland.
Aus der Berliner CDU-Parteizentrale kam seinerzeit die Anfrage, ob der in Strauscheid aufgewachsene Multiinstrumentalist, Teil des Noble Composition Orchestra, bei den Wahlkampfauftritten der Bundeskanzlerin für die schönen Töne sorgen wolle. „Du musst nicht CDU-Mitglied sein, um solche Jobs zu machen“, sagt Achim Brochhausen, als die RZ ihn nach dem Merkel-Auftritt in Potsdam erreicht. Die letzten Worte und die anschließende Nationalhymne (Blaskapelle vom Band) sind gerade verklungen, da gönnen sich die vier Musiker und die Sängerin seines Ensembles noch einen Besuch beim politischen – und musikalischen – Mitbewerber. Denn nach SPD-Parteichef Sigmar Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier tritt Schlagersänger Roland Kaiser bei der „Klartext Open Air“-Tour der Sozialdemokraten am Lustgarten auf. „Da haben wir uns spontan entschlossen, bei unserem Auftritt ein Medley mit Liedern von Roland Kaiser zu spielen – als Gruß zur Konkurrenzveranstaltung“, sagt der 51-Jährige.
Dass Achim Brochhausen momentan überall, nur nicht zu Hause weilt, dafür ist Thomas Bleser aus Kobern-Gondorf verantwortlich: Der ist nicht nur Schlagzeuger von Musiklegende Django Reinhardt, sondern auch organisatorischer Leiter des Noble Composition Orchestra – einem der bekanntesten Tanzorchester in Deutschland. Bei fast 40 Auftritten in ganz Westdeutschland – im Osten spielt eine Ostband – muss sich das Ensemble aufteilen. „Sehr ungewöhnlich und nicht wie bei einer Konzerttournee ist, dass die Orte manchmal bis zu 600 Kilometer weit entfernt liegen“, berichtet Bleser.
Die Titel, die Brochhausen und Bleser spielen, suchen die CDU-Strategen mit Bedacht aus: „Die Welt retten“, „Simply the best“, „We are family“ und andere Songs sollen die Zuhörer in Stimmung versetzen. „Außerdem gibt es Stücke, die Angela Merkel besonders mag: „Wie ,Your Song', den Elton John vor einigen Wochen auf der Berliner Waldbühne Frau Merkel widmete“, sagt Bleser. „An Tagen wie diesen“ von den Toten Hosen haben die Wahlkampfmusiker aus dem Repertoire genommen, nachdem sich die Düsseldorfer Punkband entrüstet darüber zeigte, dass ihr Lied zum CDU-Stimmenfang Verwendung fand. Aber: Wehren können sich die Toten Hosen nicht. „Solange die CDU die GEMA-Gebühr überweist, ist alles gut“, weiß Brochhausen.
„Superschön, dass selbst Gegner von Merkel bei unseren Auftritten mitsingen, was ja eigentlich sehr ungewöhnlich ist“, findet Bleser. Und bei jedem Auftritt winkt die Kanzlerin ihren Musikern zu. Besonders imponiert Brochhausen, dass die CDU-Chefin selbst dann konzentriert reden kann, wenn Gegendemonstranten eine Stunde lang ein ohrenbetäubendes Pfeifkonzert anstimmen – wie in Bremen oder Frankfurt. Ganz anders die Stimmung in Ludwigshafen, Helmut Kohls Heimatstadt. „Ein Heimspiel – da war richtig Remmidemmi“, erinnert sich der Neustädter.
Am morgigen Freitag in Hannover ist übrigens der letzte Auftritt. Drückt der Musiker dann der Regierungschefin für den Wahlsonntag die Daumen? „Das kann man so sagen“, meint er nach kurzem Zögern. „Eine Bandkollegin hat vor vier Jahren für die FDP gesungen und hat die schließlich auch gewählt. Das kann sich entwickeln.“