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Heftiger Kampf um Übernahme von Ruia entbrannt

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Neuwied - In seltener Einigkeit sprechen sich Management, Betriebsrat und Gewerkschaft gegen die Übernahme der Ruia-Gruppe mit Werk in Niederbieber durch US-Investor Whitesell aus. Dabei gab es eigentlich schon praktisch Einigkeit.

Von unserem Redakteur Ulf Steffenfauseweh 

Um den Automobilzulieferer Ruia Global Fasteners mit Werk in Niederbieber ist ein hefiger Kampf entbrannt. Unternehmensleitung, Betriebsrat und Gewerkschaft sprechen sich nun so überraschend wie vehement gegen die Übernahme durch die Whitesell-Gruppe aus, über die es im Sommer eigentlich schon eine Einigung gab.

Sie betonen, dass sie für die vier deutschen Standorte mit insgesamt 1350 Mitarbeitern keine Zukunft sehen, wenn der Amerikaner das Kommando übernimmt. Dessen Gebaren verprelle schlicht die europäischen Kunden. Die IG Metall bezeichnet die gemeinsame Aktion als „ziemlich einmaligen Schulterschluss" – was den US-Investor allerdings offensichtlich nur wenig stört. Denn er sprach in einer umgehenden Reaktion lediglich von falschen Informationen und ließ mitteilen, den Kauf von Ruia weiter anzustreben.

Und dabei sitzt Unternehmer Neil Whitesell wohl am längeren Hebel: Wie auch bei einer gestrigen Betriebsversammlung im Neuwieder Werk zu hören war, hat er mit Insolvenzverwalter Frank Kebekus (Düsseldorf) bereits eine Exklusivvereinbarung geschlossen, nach der die Übernahme trotz allen Widerstands perfekt ist, wenn er bis Jahresende vollzieht.

Doch warum protestieren Belegschaft und Management aller vier deutschen Werke nun so vehement, nachdem es nach langen und harten Verhandlungen im Spätsommer zunächst danach ausgehen hatte, dass man sich einig geworden ist? Hauptgrund ist das Auftreten des Amerikaners: Der hatte schon in den Verhandlungen mit Betriebsrat und Gewerkschaft zunächst heftige Forderungen für eine „Rettung" aufgestellt, war dann laut Arbeitnehmervertretern aber so weit zurückgerudert, dass man sich Ende August auf einen Kompromiss einigen konnte  (die RZ berichtete).

Nun soll er ein ähnliches „Spiel" mit den Kunden des Automobilzulieferers versucht haben. Wie Werkleiter Klaus Becker, Betriebsratsvorsitzender Josef Freye und IG-Metall-Bevollmächtigter Markus Eulenbach bei der gestrigen Betriebsversammlung mitteilten, habe er die Kunden angeschrieben und massive Preiserhöhungen von bis zu 40 Prozent angekündigt. Darin sollen auch Formulierungen wie „[...]werden wir feststellen, ob es sich für uns lohnt, sie weiter zu beliefern und zu welchem Preis [...]" gestanden haben.

Ein Kunde habe daraufhin bereits mitgeteilt, dass er Whitesell zunächst für einen seriösen Investor gehalten habe, diese Preisvorstellungen jedoch zeigten, dass er „keinerlei Ahnung von Europa und der hiesigen Automobilbranche" habe. Freye ergänzte, dass er befürchte, dass das Gros der Kundschaft jedoch gar nicht antworte, sondern einfach seine Konsequenzen zöge und sich einen anderen Lieferanten suche. Und auch Becker unterstrich: „Fakt ist, dass Hauptkunden drohen, Teile ihre Aufträge nicht mehr bei uns zu platzieren oder sogar das ganze Geschäft abzuziehen." Namentlich genannt wurde in diesem Zusammenhang VW.

Eulenbach führte aus, dass die Gewerkschaft den vorliegenden, eigentlich unterschriftsreifen Sanierungstarifvertrag nicht unterzeichnen werde. Zwar sei Whitesell auf Forderungen der Arbeitnehmerseite eingegangen, habe dann jedoch den Fehler gemacht, mit den Kunden genauso umzugehen und zunächst ein Drohszenario aufzubauen, um später zurückzurudern. „Mit uns konnte er so umspringen. Wenn es um 1300 Mitarbeiter geht, macht man schon einmal die Faust in der Tasche. Aber so geht man nie mit Kunden um", unterstrich Eulenbach.

Das US-Unternehmen wies in einer Stellungnahme die Vorwürfe zurück. „Wir stehen natürlich zu den Ruia-Kunden und haben das auch entsprechend an diese kommuniziert. So kurz vor dem Abschluss der Akquisition sind wir über diese Vorwürfe sehr überrascht und weisen sie aufs Schärfste zurück", heißt es darin. Whitesell betonte, dass die Übernahme von Ruia Teil eines langfristigen, strategischen Investments sei, das die Zukunft sichern werde.

Die Belegschaft überzeugte das offensichtlich nicht. Die Mitarbeiter unterzeichneten gestern jedenfalls massenhaft die gemeinsame Resolution von Management, Gewerkschaft und Betriebsrat. Kritik wurde dabei auch am Insolvenzverwalter wegen des exklusiven Vorvertrags laut. „Müssen wir uns daraus jetzt freikaufen?", lautete eine der Fragen. „Wenn das noch möglich ist", die Antwort von Eulenbach.


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