Neuwied - Auch ein Treffen des Gläubigerausschusses am Montag änderte wohl nichts an der Entscheidung: Ab Januar heißt der neue Besitzer von Ruia Global Fasteners aller Voraussicht nach Whitesell. Das US-Unternehmen hatte am Freitag angekündigt, den Automobilzulieferer mit seinen vier deutschen Standorten zu übernehmen. Dazu gehört das Werk in Niederbieber mit seinen 340 Mitarbeitern.
Von unserem Redakteur Markus Gerhold
Whitesell habe die Bedingungen für das Closing, also den endgültigen rechtlichen Abschluss des Vertrags, erfüllt, sagte Markus Eulenbach, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Neuwied, im Gespräch mit der RZ. Doch was sich zunächst als gute Nachricht liest - schließlich ist mit diesem Schritt die Insolvenz von Ruia fast beendet -, ist nach wie vor begleitet von der Kritik der Arbeitnehmerschaft. Denn noch immer sind aus Sicht der Gewerkschaft existenzielle Fragen nicht geklärt.
Die IG Metall befürchtet unter anderem, dass Whitesell mit seinem Auftreten gegenüber Ruia- Kunden, darunter Konzerne wie VW oder BMW, und der Ankündigung massiver Preiserhöhungen, deren Vertrauen und damit die Geschäftsgrundlage zerstöre (wir berichteten). Doch ohne Kunden kein Geschäft, so die einfache Formel.
Und noch etwas bereitet den Kritikern Sorge. Ist die Versorgung mit Rohmaterial nach dem 1. Januar gewährleistet? Denn aus Sicht der Gewerkschaft haben auch die Lieferanten Bedenken in Bezug auf den neuen Besitzer. Und sie könnten jederzeit ihr Material aus den Lagern auf den Ruia-Geländen nicht freigeben. Ohne Draht aber kommt die Produktion in Niederbieber schnell zum Erliegen. Darin sieht die Arbeitnehmerseite ein weiteres Risiko.
Für Markus Eulenbach stehen zum jetzigen Zeitpunkt zwei Dinge fest: "Die ersten Januarwochen sind entscheidend." Und: "Whitesell muss Vertrauen aufbauen." Nicht nur bei den Kunden und Lieferanten, sondern auch bei der Belegschaft. Das könnte der US-Konzern aus Sicht der IG Metall am besten über eine langfristige Standort- und Beschäftigungssicherung erreichen. Doch die hat Whitesell bislang verweigert. Die Unsicherheit bleibt auf jeden Fall groß. Betriebsratsvorsitzender Josef Frye macht das unter anderem daran deutlich: "Wir sind noch nicht darüber informiert, wie es am 2. Januar weitergeht." Zwei Tage vor dem Jahreswechsel trägt das nicht zur Beruhigung der Lage bei.
Doch der Deal schien am Montag unter Dach und Fach. "Wir gehen nicht davon aus, dass Whitesell sein Vorhaben kurz vor Toresschluss doch noch abbricht", sagte Eulenbach. Obwohl aus seiner Sicht andere Kandidaten ebenso geeignet gewesen wären, Ruia aus der Insolvenz zu führen. Schließlich, so betont er, sei die Auftragslage für den Automobilzulieferer gut. Kein Grund also für den neuen Besitzer, Geschäftspartner zu verprellen.
In einer Pressemitteilung gab sich Whitesell aber zuversichtlich, die Übernahme meistern zu können. Und Gewerkschafter Eulenbach will nicht gänzlich ausschließen, dass alles funktioniert, wie es das US-Unternehmen plant. "Ich würde mir nichts mehr wünschen, als dass Whitesell recht behält." Vor allem im Sinne der Belegschaft hofft er das, pocht aber gleichzeitig darauf, sowohl der neue Firmenbesitzer als auch der Insolvenzverwalter, Dr. Frank Kebekus in Düsseldorf, müssten Anfang Januar das Gespräch mit der Belegschaft suchen, um Vertrauen aufzubauen und Zweifel zu zerstreuen. Allein die Ankündigung von Whitesell, man freue sich darauf, mit einer so qualifizierten und technisch so gut ausgebildeten Belegschaft zusammenzuarbeiten, reicht da wohl nicht aus. Ein anderer Satz aus derselben Pressemitteilung dürfte die Sorge eher noch schüren. Darin heißt es: "Und wir freuen uns, die Leistung von jeder Niederlassung maximieren zu können."