Straßenhaus/Koblenz - Neuer Prozess gegen einen früheren Oberkommissar der Polizeiinspektion Straßenhaus: Der 60-Jährige wollte ausgerechnet einen Bordellchef (66) zu seinem Informanten im Rotlichtmilieu aufbauen – und ruinierte damit seine Karriere.
Er verriet dem mutmaßlich kriminellen Mann regelmäßig Dienstgeheimnisse, recherchierte für ihn in drei Datenbanken der Polizei (Polis, Zevis, Ewois), gab ihm Auskunft über Vorstrafen, Wohnorte und Kfz-Kennzeichen von Prostituierten und Zuhältern.
Der inzwischen suspendierte Polizist gab von Mai 2008 bis August 2009 in 15 Fällen geheime Daten preis. Jetzt hat das Landgericht Koblenz ihn wegen Verletzungen des Dienstgeheimnisses zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Als Auflage muss er 4000 Euro an die Bewährungshilfe Koblenz zahlen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Es war bereits der zweite Prozess gegen den Polizisten. Das Landgericht hatte ihn im Februar 2012 zu 10 800 Euro Geldstrafe (180 Tagessätze) verurteilt. Doch der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil auf (Az.: 2 StR 388/12). Darum kam es erneut zum Prozess.
Der Zuhälter lieferte dem Polizisten als Gegenleistung zwar Informationen aus dem Milieu – doch die stellten sich als haltlos heraus. Er war laut dem Gericht nur daran interessiert, dass die Prostituierten in seinen Wohnwagen und Bordellen maximalen Umsatz brachten. Und er hatte im Tatzeitraum drei Bordelle: das „Schneckenhaus“ in Dierdorf, die „Mädchen-WG Waldlust“ in Kleinmaischeid und das „Sunflower“ in Mülheim-Kärlich.
Der Zuhälter – ein Mann mit zerknautschtem Gesicht und gebücktem Gang – sollte im Prozess als Zeuge aussagen. Doch er setzte sich in der Mitte des Gerichtssaals auf den Zeugenstuhl und erklärte sofort: „Ich mache hier überhaupt keine Angaben.“ Er hatte das Recht nichts zu sagen, da er selbst in wenigen Tagen vor dem Landgericht steht, unter anderem wegen Zuhälterei und Ausbeutung von Prostituierten.
Der Polizist legte im Prozess ein Geständnis ab und erklärte: „Die ganze Sache tut mir sehr leid.“ Er blickt auf 40 Jahre Berufserfahrung zurück. Dennoch behandelte er den Zuhälter laut einem Mitarbeiter des Landeskriminalamts fast wie einen Kollegen. Zuletzt genügte demnach ein Anruf, und der Polizist gab ihm noch während des Telefonats die Informationen, die er verlangte.
Der Zuhälter versicherte dem Polizisten, er gebe die geheimen Daten nicht weiter. Tatsächlich soll er sie genutzt haben, um Prostituierte einzuschüchtern. Laut BGH beteuerte er im Umfeld seiner Bordelle „seine guten Kontakte zur Polizei und untermauerte dies glaubhaft durch die Lancierung der von dem Angeklagten erhaltenen Informationen“. So sei der Eindruck entstanden, er könne „jederzeit alles über sie bei der Polizei in Erfahrung bringen“. Das Vertrauen vieler Prostituierter in die öffentliche Verwaltung sei dadurch so erschüttert worden, dass sie eine Zusammenarbeit mit der Polizei ablehnten.