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Rasselsteiner setzen auf Vernunft des Chefs

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Neuwied/Andernach - Basiert der Vorschlag, das Neuwieder Rasselstein-Werk zu schließen, auf völlig falschen Fakten? Der Betriebsrat und die IG Metall jedenfalls haben festgestellt, dass der Konzern ThyssenKrupp durch eine Werksstilllegung nicht die Einsparungen erzielen kann, die seine Berater berechnet hatten. Die 350 Neuwieder Beschäftigten setzen jetzt auf die Vernunft von Konzernchef Dr. Heinrich Hiesinger: Sollte auch er erkennen, dass es sich nicht rechnet, Rasselstein dichtzumachen, könnte er den Plan fallen lassen.

Von unserem Redakteur Marcelo Peerenboom

Nach einigen Fehlinvestitionen lastet ein milliardenschwerer Schuldenberg auf dem ThyssenKrupp-Konzern. Um den angeschlagenen Industriekonzern wieder in finanziell ruhigeres Fahrwasser zu bringen, hat der Stahlriese ein knallhartes Sparprogramm aufgelegt, dessen Ziel es ist, bis zum Geschäftsjahr 2014/2015 eine halbe Milliarde Euro einzusparen.

Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, soll unter anderem das Rasselstein-Werk in Neuwied geschlossen werden. Die Hoffnung, die die Konzernstrategen haben: Der Personalabbau führt zu Einsparungen in Millionenhöhe. Wie sich jetzt allerdings herausstellt, sind viele Details bei den bisherigen Betrachtungen der Konzernspitze nicht beachtet worden. Zwar hat man daran gedacht, dass es mit den Betreibern des Biomasseheizkraftwerks noch einen Vertrag bis 2020 gibt. Doch dass das Betriebsgelände nach einer Stilllegung renaturiert werden müsste, ist in den Kostenberechnungen nicht enthalten. Noch gravierender: Die Auswirkungen, die eine Schließung in Neuwied auf das Rasselstein-Werk in Andernach haben würde, sind gänzlich ausgeblendet worden.

Genau dort hat der Andernacher Betriebsratsvorsitzende Wilfried Stenz bei einer Sitzung des Aufsichtsrats in Nodhausen angesetzt. Als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender wollte er wissen, welche Auswirkungen eine Schließung auf das Andernacher Werk hätte. Dabei handelt es sich nach RZ-Informationen um Kosten, die sich im zweistelligen Millionenbereich pro Jahr bewegen. Am 3. Juli soll ein Bericht vorliegen, der genau diese Kosten beleuchtet. Wie Markus Eulenbach von der IG Metall auf RZ-Nachfrage erklärte, ist dieses Risiko bisher von ThyssenKrupp nicht beachtet worden. Eulenbach kündigte an, nunmehr alle bisherigen Konzernannahmen auf ihre Plausibilität zu überprüfen. „Wir müssen jetzt erkennen, dass die positiven Effekte, die die Konzernberater ermittelt haben, nicht in dem Maße eintreten können wie bislang vermutet", erklärt der Gewerkschaftsfunktionär.

Aus Sicht der IG Metall ist es außerdem nicht möglich, bis September 2014 die Neuwieder Beschäftigten umzusetzen. Schließlich sind betriebsbedingte Kündigungen bis September 2015 ausgeschlossen. Auch eine Komplettstilllegung des Werks sei zeitnah nicht möglich, heißt es vonseiten der Gewerkschaft. Die Konzernspitze habe bislang außer Acht gelassen, dass das Neuwieder Werk jährlich eine sogenannte Beizhilfe im Umfang von 250 000 Tonnen für das Andernacher Werk erbringt. Ohne diese Lohnarbeit hätte Andernach massive Probleme.

Markus Eulenbach ist angesichts der Qualität der Entscheidungsgrundlagen entsetzt: „Die Serie von Pleiten, Pech und Pannen bei ThyssenKrupp setzt sich nahtlos fort." Er hofft, dass sich Konzernchef Hiesinger die enormen Risiken genau anschaut – „nicht nur im Sinne der Belegschaft, sondern auch des Konzerns". Er habe bislang noch nie Papiere in so schlechter Qualität gesehen. „Wenn das die Qualität der Umstrukturierung des Konzerns sein soll, dann kann einem nur angst und bange werden."


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