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Jäger haben Schwarzwild im Fadenkreuz

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Von unserem Reporter Carsten Liebfried

Experten sprechen von einer landesweiten Überpopulation von Schwarzwild. Landwirte wie Ulrich Schreiber beklagen sich zunehmend über zerstörte Getreidefelder. „Bauern sind auf Wildschweine nicht gut zu sprechen“, sagt der Kreisbauernvorsitzende. Seine frisch gesäten Maiskörner haben sich die Allesfresser im Frühjahr gleich geschnappt. Eigentlich tummeln sich die Rotten in Gegenden, die reich an Eichen und Buchen sind. Doch haben die Wildschweine in den zurückliegenden Jahren immer häufiger den Wald verlassen. „Bei der Nahrungssuche legen sie zumeist große Strecken zurück“, sagt Stefan Schnegotzki, Büroleiter beim Forstamt Dierdorf.

Hektargroße Rapsfelder unweit von Wäldern bieten ihnen eine ideale Zuflucht. „Darin können sie sich verstecken, und dann fressen sie den Weizen von den Flächen“, ergänzt Schreiber. In welchem Landstrich des Kreises die Tiere zurzeit vor allem ihr Unwesen treiben, kann der Kreisbauernvorsitzende jedoch nicht genau sagen. „Wildschweine sind für die Landwirte flächendeckend ein Problem“, betont er. Das finanzielle Risiko trägt dabei der Jagdpächter. Er muss in solchen Fällen zumeist für einen entsprechenden Schaden aufkommen, wenn er das Jagdrecht auf dem Land gepachtet hat.

Für eine Reduzierung des Schwarzwildbestandes könnte der Landesjagdverband sorgen. Doch die Forderung der Landwirtschaftsministerin, die Bachen ins Visier zu nehmen, stößt bei den Jägern auf Unverständnis. Als „zu pauschal und nicht hinterfragt“ kommentiert Michael Proca, Vorsitzender der Kreisgruppe Neuwied, die Äußerung der Grünen-Politikerin und verweist dabei auf die wichtige Rolle der Leitbache: „Schwarzwild ist ein großer Sozialverband, da lässt sich die Leitbache nicht einfach selektiv herausschießen. Dies sollte man partout vermeiden.“ Sie organisiere das tägliche Leben und bestimme den Fortpflanzungsrhythmus im sozialen Gefüge der Gruppe. „Bei den Wildschweinen ist die Paarung naturgemäß von November bis Januar,“ weiß Proca. Ab Mitte März bis Mitte April erblicken dann sechs bis zehn Frischlinge das Licht der Welt. Der Abschuss einer Leitbache führt in der Regel dazu, dass nachrangige Bachen in der Rotte rauschig werden. Demzufolge hätte ein unkontrollierter Abschuss des Tieres auch Auswirkungen auf das Paarungsverhalten aller weiblichen Wildschweine. „Frischlinge werden dann womöglich im Winter geboren und haben so kaum Überlebenschancen“, sagt Proca.

Wie groß die Strecke an geschossenem Schwarzwild im Kreis Neuwied ist, zeigt ein Blick in das aktuelle Jagdjahr bei der Kreisverwaltung – datiert vom 1. April 2012 bis zum 31. März 2013. In diesem Zeitraum hat die Jägerschaft ganze Arbeit geleistet: 3974 Wildschweine fielen den Gewehrkugeln zum Opfer. Mehr als die Hälfte waren Frischlinge beider Geschlechter. Im Vergleich zu den Vorjahren klingt das nach einem Rekordabschuss. Nur im Jagdjahr 2008/09 gab es eine vergleichbare Abschusszahl mit 3019 Tieren.

Die Kreisverwaltung weist aber darauf hin, dass bei der Anzahl der Abschüsse auch die jeweilige Mast zu berücksichtigen ist. Mehr Nahrung im Wald bedeutet nämlich weniger Aufenthalt auf den Feldern. „Vor allem wenn Bäume wie Buchen und Eichen viele Früchte tragen, haben die Wildschweine weniger Verlangen, auf den Acker zu gehen“, sagt Michael Proca. Die Tiere bleiben dann vornehmlich im geschützten Wald und sind somit schwieriger zu bejagen. „Zumeist geht das dann nur an der Feld-Wald-Grenze." Genaue Zahlen zum Wildschweinbestand im Kreis liegen bei der Verwaltung nicht vor.


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