Von unserem Redakteur Ulf Steffenfauseweh
In welche Projekte soll die Stadt Neuwied 2014 investieren? Das will die Verwaltung in diesem Jahr von den Bürgern selbst erfahren. Und deshalb bringt sie erstmals einen Bürgerhaushalt auf den Weg – allerdings in einer abgeschwächten Form.
Denn die „normalen Neuwieder" dürfen nicht über alle Bereiche des Etats, sondern lediglich über einen – den vielleicht wichtigsten – Teil mitreden: das Investitionsprogramm. Darüber hinaus bleibt das letzte, entscheidende Wort beim Stadtrat. „Wir wollen Ideen und Vorschläge sammeln und so die Kreativität unserer Bürger nutzen", beschreibt Stadtsprecher Erhard Jung das Ziel der Aktion und betont, dass das neue Projekt nicht der erste Versuch sei, die Bürger stärker in Entscheidungsprozesse einzubeziehen.
Und der Beigeordnete Jürgen Moritz ergänzt, dass dies ein Weg sein soll, die Menschen an der Gestaltung zu beteiligen. Allerdings solle das Prinzip der repräsentativen Demokratie auch nicht ausgehebelt werden. Daher sei nur eine indirekte Bürgerbeteiligung an der Haushaltsaufstellung vorgesehen.
Dass sich die Mitwirkungsmöglichkeiten auf den Investitionsplan beschränken, hat darüber hinaus auch praktische Gründe. Denn in den anderen Bereichen gibt es zahlreiche Pflichtaufgaben, die zu ändern nicht in der Macht der Kommune liegt. „Viel bleibt danach leider nicht übrig, wo wir sagen könnten: Davon bauen wir uns etwas Schönes", kommentiert Moritz.
Bei allen Einschränkungen will die Stadt trotzdem dafür sorgen, dass sich die Teilnehmer ernst genommen fühlen. „Wir sind bestrebt, dass die Bürger, die uns schreiben, nicht nur eine standardisierte Eingangsbestätigung bekommen, sondern eine individuelle Antwort erhalten, die sich inhaltlich mit dem Vorschlag befasst", verspricht Jung, gesteht aber gleichzeitig ein, dass er nicht abschätzen kann, wie hoch die Beteiligung sein wird. Daher könne es je nach Einsendungsmenge etwas dauern, bis die Antwort kommt – zumal die Stadt das Projekt mit eigenen Kräften stemmen und kein Geld für weitere Mitarbeiter oder externe Moderatoren ausgeben will. „Wir wollen das möglichst ohne zusätzlichen Aufwand realisieren, während Städte wie Trier und Worms dafür richtig investiert haben", fügt er an.
Grundsätzlich habe das Vorhaben drei Ziele, summiert Moritz. Im ersten Schritt geht es um die reine Information. Die Stadt will dafür umfangreiche Materialien ins Internet stellen, in denen erklärt wird, wie der Haushalt aufgebaut ist, wofür das Geld ausgegeben wird und welche Maßnahmen bereits begonnen oder vorgesehen sind.
Dass die Teilnehmer sich gerade über Letzteres informieren, ist auch deshalb wichtig, weil diesbezügliche Vorschläge eben nichts mehr bringen. Oder praktisch ausgedrückt: Der Ausbau des Sandkauler Weges läuft bereits, der der Dierdorfer Straße ist fest beschlossen. Folglich ist es sinnlos, eine dieser beiden Maßnahmen für das Investitionsprogramm 2014 vorzuschlagen. Apropos Straßen: Hier müssen die Teilnehmer unterscheiden zwischen normaler Unterhaltung (nicht im Investitionsprogramm) und echtem Ausbau – bei dem auch Anliegerbeiträge anfallen.
Phase zwei ist die Sammlung der Vorschläge und die politische Beratung. Dabei werden die Entscheidungsträger abzuwägen haben, ob es sich um Vorschläge handelt, die von einer Mehrheit getragen werden oder nur von einer kleinen, aber sehr aktiven Gruppe.
Phase drei ist schließlich der Rechenschaftsbericht: Was ist mit den Vorschlägen geschehen? Das ist laut Jung ja das Hauptanliegen: „Transparenz schaffen, Dialog vertiefen, Kreativität der Bürger nutzen", fasst er es zusammen. Und ähnlich sieht Moritz es: „Wir müssen alle Wege gehen, um die Menschen zu erreichen und zur Mitarbeit zu motivieren. Der ,Bürgerhaushalt' ist ein Instrument dafür."
Knapp drei Wochen Zeit für Vorschläge
Die Unterlagen für den „Bürgerhaushalt light" werden im Internet unter www.neuwied.de/investitionsprogramm.html ab Montag, 19. August, freigeschaltet. Die Vorschlagfrist endet knapp drei Wochen später am 8. September. Wer kein Internet hat, kann sich Infomaterial und Formulare auch im Bürgerbüro (Engerser Landstraße), im Haus für Jugend und Soziales (Heddesdorfer Straße), in der Stadtbibliothek (Historisches Rathaus, Pfarrstraße), im Stadtteilbüro (Rheintalweg) und in der Tourist-Info (Langendorfer Straße, Fußgängerzone) abholen.