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Städtische Unternehmen: Neuwieder SPD verzichtet auf zwei Geschäftsführer

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Von unserem Redakteur Ulf Steffenfauseweh

Entscheidungen über Führungspersonal bei städtischen Unternehmen haben in Neuwied so ihre Geschichte. Von Filz und Klüngel ist da oft die Rede, und dass es in der Vergangenheit Absprachen zwischen CDU und SPD gegeben hat, bestreitet kaum einer der aktuellen Kommunalpolitiker.

Sogenannte Parteibuchbesetzungen waren die Folge. So installierte zuletzt 2008 eine breite Stadtratsmehrheit mit Heinz-Peter Schmitz (CDU) einen zweiten Geschäftsführer für die Gemeindliche Siedlungsgesellschaft (GSG), und auch der unerwartet verstorbene Stadtwerke-Geschäftsführer Gerhard Krose (CDU) wurde postwendend durch einen Christdemokraten ersetzt – obwohl CDU-Sprecher Georg Schuhen vehement dagegen war und kurz nach der Abstimmung als Fraktionschef der Union das Handtuch warf.

Nachfolger Martin Hahn betont heute entschieden, dass es solchen Klüngel mit ihm nicht mehr geben wird. Doch wie sieht es aufseiten der SPD aus? In den kommenden Monaten geht es in der Stadt gleich um drei Posten, die bislang mit Genossen besetzt sind oder waren: GSG-Geschäftsführer Christof Henn und Stadt-Beigeordneter Jürgen Moritz gehen in den Ruhestand, außerdem ist zu entscheiden, ob die SWN-Geschäftsführerstelle des nach der Gänsekeulenaffäre entlassenen Dirk Hillesheim neu vergeben werden soll.

Die RZ hat dazu alle Fraktionsführer im Stadtrat befragt. Das durchaus überraschende Ergebnis: Es zeichnet sich eine große Koalition für einen Geschäftsführer ab – sowohl bei der GSG als auch den SWN.

Gerade im Hinblick auf die Siedlungsgesellschaft positioniert sich die SPD klipp und klar: „Wir wollen den Bericht das Landesrechnungshofes ernst nehmen und sind bereit, die Geschäftsführung nach dem Ausscheiden von Christof Henn bei einem Geschäftsführer zu belassen", antwortet Fraktionschef Sven Lefkowitz auf eine entsprechende RZ-Nachfrage eindeutig.

Bei den Stadtwerken klingt es – noch überraschender – ähnlich. Es spreche nichts dagegen, dass „der Stelleninhaber das Unternehmen alleine weiterführt", schreibt Lefkowitz. Zur Erinnerung: Sein Vorgänger als SPD-Sprecher, Sigurd Remy, der weiterhin der Fraktion angehört, hatte Ende 2011 / Anfang 2012 noch gefordert, Stefan Herschbach (CDU) als Geschäftsführer abzuberufen und stattdessen eine „ausgewiesene Fachkraft" zu suchen.

Und so schränkt auch Lefkowitz in seiner Antwort ein wenig ein: Denn er schreibt, dass dies nur gelte, „wenn er [Herschbach] mit seiner Führungsmannschaft qualitativ und quantitativ in der Lage ist", die großen anstehenden Aufgaben zu meistern. Hier nennt der Sozialdemokrat die Herausforderungen der Energiewende. Die Stadtwerke hätten es da bislang nicht geschafft, dazu „einen erkennbaren Beitrag" zu leisten.

Große Herausforderungen sieht auch Ralf Seemann, jedoch mit anderen Konsequenzen. Der Grünen-Fraktionssprecher folgert daraus, dass diese Aufgaben „in der derzeitigen Unternehmensstruktur nicht von einem einzelnen Geschäftsführer bewältigt werden können". Gleiches sieht er für die GSG. Auch hier gebe es „derzeit so viele Aufgaben, dass alleine das Tagesgeschäft mit den vielen aktuellen Bauvorhaben kaum von einer Person bewältigt werden kann".

Mit dieser Auffassung stehen die Grünen im Neuwieder Stadtrat allein da. Ob es daran liegt, dass Seemann selbst auf einen Posten spekuliert? Er schreibt zum Thema Moritz-Nachfolge lediglich, dass sich die Grünen „auch in diesem Bereich für eine qualifizierte Besetzung einsetzen, obwohl es sich beim Stadtvorstand eher um politische Ämter handelt".

Werner Johann Keßler dagegen führt in seiner Antwort auf die RZ-Anfrage aus, dass er von Gerüchten gehört hat, eben Seemann wolle Stadt-Beigeordneter werden. Gleichzeitig wirft das Mitglied des kürzlich neu gegründeten Fraktions-Zweck-Bündnisses KGF (zusammen mit dem Linken Gustav Gehrmann) den Namen von Jugend- und Sozialamtsleiter Wolfgang Hartmann in die Runde. „Das wäre ein Mann mit Sachverstand und Erfahrung", findet Keßler und ergänzt: „Aber da müsste die CDU über ihren Schatten springen."

Folgendes haben die verschiedenen Fraktionschefs darüber hinaus zu den einzelnen Fragen geantwortet:

1. Brauchen die SWN einen zweiten Geschäftsführer oder kann Stefan Herschbach das Unternehmen allein führen?

Martin Hahn (CDU) findet, dass Stefan Herschbach Stadtwerke und Servicebetriebe „in hervorragender Art und Weise" führt: „unaufgeregt und nachhaltig, verlässlich und berechenbar", schwärmt er und führt aus, dass die Unternehmensdaten der vergangenen Jahre und das positive Erscheinungsbild für sich sprächen. Daher leite sich Handlungsbedarf bezüglich der Führungsspitze allein aus der zukünftigen Struktur und der Ausrichtung des Unternehmens ab, schreibt er. Als Voraussetzung für alle Entscheidungen müsse die Frage beantwortet werden: Was sollen SWN und SBN zukünftig leisten?

Dietrich G. Rühle (FDP) führt aus, dass die Liberalen bereits seit 2009 die Auffassung vertreten, dass die SWN keinen zweiten Geschäftsführer brauchen. Eventuelle Lücken könnten seiner Meinung nach durch Verstärkung der Geschäftsfeldleiterebene gelöst werden.

Karl-Josef Heinrichs (FWG) spricht davon, dass die SWN qualifiziertes Personal benötigen für die Aufgaben, die die neuen Strukturen und Herausforderungen des Energiemarktes mit sich bringen. Es sei zu schauen, wie die SWN aufgestellt sind und in welchen Bereichen sie eventuell eine Verstärkung benötigen. „Das direkt mit einem zweiten Geschäftsführer zu verbinden, sieht die FWG als nicht gegeben", unterstreicht Heinrichs.

Werner Johann Keßler (KGL) sagt, dass „die SWN in ihrer Größenordnung auf keinen Fall einen zweiten Geschäftsführer brauchen". Er schimpft: „Die beiden Besetzungen der eigentlich überflüssigen zweiten Geschäftsführer waren nicht sachlich begründet, sondern ausschließlich auf Absprachen von CDU und SPD zurückzuführen." Er selbst sei in der entsprechenden Sitzung zu den SWN gewesen und könne „voller Überzeugung" sagen: „Es gab besser Qualifizierte, und alle hätten sich die Anreise in dunklen Anzügen und Krawatten sowie ihre Vorträge sparen können, da alles ausgeguckt war". Dieses „Scheingefecht" habe seiner Erinnerung nach 30 000 Euro für eine Beratungsfirma gekostet und „solche Spielchen zulasten des Steuerzahlers" werde er nicht mehr mitmachen.

2. Gibt es schon einen Nachfolgekandidaten für den Beigeordneten Jürgen Moritz? Und soll es nach dessen Ruhestand beim bisherigen Zuschnitt des Stadtvorstandes bleiben?

Hier sind sich alle Fraktionssprecher einig, dass der Stadtrat diese Frage erst nach der Kommunalwahl im Frühjahr 2014 und unter den dann geltenden Kräfteverhältnissen entscheiden soll. Mit Ausnahme der Grünen (siehe Artikel vorn) besteht außerdem Übereinstimmung, dass es sich beim Beigeordneten um ein „politisches Amt" handelt und dass die Besetzung eben auch mit den politischen Mehrheiten zusammenhängt.

Während die Grünen an einem hauptamtlichen Beigeordneten festhalten wollen, kann sich die FDP „grundsätzlich auch vorstellen, diesen durch zwei ehrenamtliche zu ersetzen, um Geld zu sparen". Auch nach Auffassung der FWG könnte das eine Überlegung sein. Fraktionssprecher Karl-Josef Heinrichs schreibt dazu auch, dass Jürgen Moritz das „dickste Paket" innerhalb der Verwaltung mit sehr vielen Aufgaben und Zuständigkeiten bearbeitet. „Es gab Zeiten, in denen der Jugend- und Sozialbereich alleine einen Dezernenten hatte", erinnert er.

Martin Hahn (CDU) hält die Konstellation mit drei hauptamtlichen Führungskräften für angemessen, kann sich aber eine Änderung der Zuständigkeitsbereiche „sehr wohl vorstellen". So hält er es für „geboten", die Bereiche Wirtschaftsförderung und City-Management aus dem Dezernat des Oberbürgermeisters herauszulösen und in den Bereich Stadtentwicklung zu integrieren. Dagegen solle OB Roth die „öffentliche Sicherheit" zur Chefsache machen.

3. Soll Heinz-Peter Schmitz die GSG künftig alleine führen oder soll es wieder einen zweiten Geschäftsführer geben?

Martin Hahn (CDU) argumentiert, dass bei der GSG derzeit ein externes Unternehmen die Strukturen und Prozesse auf den Prüfstand stellt. Die Ergebnisse dieser Überprüfung wolle die CDU abwarten.

Ralf Seemann (Grüne), der für einen zweiten Geschäftsführer plädiert, wünscht sich dagegen „für die langfristige Sicherung des Unternehmens eine baldige Neuausrichtung".

Sven Lefkowitz (SPD) will jetzt keinen zweiten Geschäftsführer, präferiert in Zukunft aber „wieder eine kaufmännische Führung, da hier auch der Schwerpunkt in der Verantwortung liegt".

Karl-Josef Heinrichs (FWG) hält dagegen einen Geschäftsführer mit „Blick für kaufmännische, technische und soziale Gegebenheiten für wünschenswert".


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