Von unserem Reporter Carsten Liebfried
Die Nachricht löste bereits kurz nach ihrem Bekanntwerden heftige Diskussionen im Land aus: Ulrike Höfken (Grüne), rheinland-pfälzische Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten, möchte, dass nur noch in Einzelfällen eine Ersatzaufforstung in den Wäldern erfolgt. Das gilt auch für Lücken durch Windkraftanlagen in waldreichen Regionen. Das Waldgesetz soll dafür eigens angepasst werden. Aus dem Kreis Neuwied hagelt es für die Pläne massive Kritik.
Gerd Schneider, Leiter des Fürstlich-Wiedischen Forstamts, das 7500 Hektar Wald im Kreis Neuwied bewirtschaftet, bezeichnet die Forderung Höfkens als „skandalös“. „Der Verzicht von Ersatzaufforstungen in Wäldern würde vielen Tieren den Lebensraum rauben.“ Schneider weiter: „Diese Maßnahme fällt ausgerechnet ins Jubiläumsjahr ,300 Jahre Nachhaltigkeit' von einer Ministerin der Grünen. Der Wald ist der natürlichste Lebensraum.“ Zudem kritisiert er, dass die Ministerin damit ins Eigentum der privaten Waldbesitzer eingreife.
Ins gleiche Horn stößt Hans-Günter Fischer, Vorsitzender des Waldbesitzerverbandes für Rheinland-Pfalz und Bürgermeister der Verbandsgemeinde Linz: „Wir als Waldbesitzerverband fühlen uns von der Landesregierung alleingelassen. Wir sind es, die in Sachen Nachhaltigkeit ihren Beitrag leisten.“ Wie Forstamtsleiter Schneider erinnert auch Fischer an das Jubiläumsjahr der Nachhaltigkeit: „Der Wald soll doch ein Paradebeispiel für ein längerfristig orientiertes Handeln auch in Bezug auf den Klimaschutz sein.“ Der Vorsitzende kritisiert die Pläne der grünen Ministerin für die Zukunft des Waldes und nennt sie ein „falsches Signal“.
Geht es nach Michael Graf Hoensbroech, Geschäftsführer des Kreiswaldbauvereins, besteht vonseiten der privaten Waldbesitzer „kein Interesse, den Waldbestand zu reduzieren“. Und dennoch möchte er sich erst einmal über den brisanten Inhalt des vom Umweltministerium an die staatlichen Forstämter verschickten Rundschreibens informieren.
Bei Uwe Hoffmann, Leiter des Forstamtes Dierdorf, liegt dieses Schreiben bereits auf dem Tisch. Er selbst gibt sich zu den Forderungen aus Mainz zurückhaltend: „Wir berücksichtigen das Schreiben bei unserer täglichen Praxis.“ Nach Angaben Hoffmanns hat der Kreis Neuwied eine Waldfläche von rund 28 000 Hektar. „Weite Teile sind bis heute nicht vollständig aufgeforstet worden“, sagt Hoffmann und nennt als Grund unter anderem den Bau der ICE-Trasse unweit der A 3.
Doch laut Umweltministerium gibt es einen guten Grund für den Verzicht auf Aufforstungen. Denn der Waldanteil ist mit den Jahren kontinuierlich gestiegen. Rheinland-Pfalz ist mit einem Anteil von 42 Prozent Fläche das waldreichste Bundesland. Inzwischen ist der Waldbestand größer als die landwirtschaftliche Nutzfläche.
Helmut Hellwig, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Neuwieder Kreistag, verteidigt die Aussagen seiner Ministerin. Die Äußerung, dass Höfken weniger Wald in Rheinland-Pfalz fordere, sei von der Pressestelle „ungeschickt rübergebracht worden“. Der Ministerin gehe es vielmehr darum, dass „nicht jede Fläche zwingend aufgeforstet werden muss“. Laut Hellwig soll nun nach Einzelfällen entschieden werden, „ob es ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist, eine Stelle aufzuforsten“. „Es ist wichtig, gegen dieses Dogma einer zwingenden Wiederaufforstung derselben Fläche anzugehen.“