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Einzelhändler von Neuwied: Im Kampf mit der Konkurrenz aus dem Internet

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Von unserem Redakteur Markus Gerhold

Eine merkwürdige Logik? Für die Mitarbeiter im Neuwieder Fachgeschäft Alpa Foto ist das bitterer Alltag. "Allein heute hatte ich wieder zweimal so einen Fall", sagt Verkäufer Christian von Hammé.

Es sind Läden wie der in der Langendorfer Straße, denen Internetriesen wie das virtuelle Kaufhaus Amazon das Geschäft verderben. Verlockt durch Billigangebote, werden Kunden immer dreister und sind nicht bereit für Beratung und Service einen angemessenen Preis zu bezahlen. "Das geschieht bei der Kamera für 5000 Euro ebenso wie bei der Tasche für 120 Euro", weiß von Hammé.

Dabei wollen er und sein Kollege Jürgen Marx das Internet gar nicht verteufeln. Im Gegenteil: Das Unternehmen ist seit 14 Jahren im Netz präsent und generiert einen Großteil seiner Umsätze dort. Das hat für das Ladengeschäft sogar Vorteile, wie Marx beschreibt: "Wir haben einen Kundenstamm, den hatten wir früher nicht." Menschen kommen sogar aus Luxemburg nach Neuwied, weil sie die Kompetenz der Fotoexperten schätzen. Auch als Werbeplattform ist für die beiden Fachleute die Welt ohne Internet nicht mehr vorstellbar.

Signal von der Politik gefordert

Sehr wohl kritisieren sie das Verhalten eben jener Riesen, die mit ihrem Gebaren kleineren Geschäften das Leben schwer machen. Den Kern des Problems sehen sie darin, dass der Kunde im Netz bestellen kann, dafür nicht mal Porto zahlt und noch - anders als im Laden - ein Rückgaberecht von mindestens zwei Wochen hat, ohne dafür einen Grund angeben zu müssen. Dass die Bedingungen so sind, so betonen Marx und von Hammé, sei eine bewusste politische Entscheidung gewesen. Wären die Bedingungen anders, könnte sich das positiv auf Einzelhändler auswirken. Dass es Konsequenzen für ihr eigenes Internetgeschäft hätte, ist ihnen klar, doch das würden sie akzeptieren. Kurzum: Sie fordern ein Umdenken und ein klares Zeichen vonseiten der Politik.

Ein Signal hat den Druck für eine andere Branche gelindert: die Apotheken. Noch vor der Bundestagswahl fiel die Entscheidung, dass Internethändler verschreibungspflichtige Medikamente nicht mehr zu Rabattpreisen in Deutschland verkaufen dürfen. Das ist eine gute Nachricht für Jürgen Brüggemann, Inhaber der Hof-Apotheke in der Marktstraße. Denn er sagt, dass das Geschäft mit diesen Medikamenten bis zu 70 Prozent des Umsatzes einer Apotheke ausmacht. Jetzt herrscht aus seiner Sicht Chancengleichheit, denn die Apotheken durften keinen Nachlass geben. Dass die Internetapotheken gleichziehen müssen, wertet er so: "Jetzt hat der Kunde nichts mehr davon, außer dass er warten muss."

Gleichwohl hat Brüggemann das Geschäft mit bestimmten Produkten an die Konkurrenz im Netz abgegeben. Vorratspackungen nicht verschreibungspflichtiger Medikamente etwa verkauft er deutlich seltener als früher. Denn da greift der Kunde gern beim Onlineangebot zu. Außerdem weiß der 49-Jährige, dass Menschen mitunter die Anonymität des Internets schätzen. Viagra, Abführmittel oder Arzneien, die im Ruf stehen, abhängig zu machen, kauft man da leichter.

Es lohnt der Blick in den Laden

Zumachen müssen nur aufgrund der Konkurrenz aus dem Netz hat aber bislang seines Wissens nach keine Apotheke, sagt der Pharmazeut, der auch im erweiterten Vorstand des Apothekerverbands Rheinland-Pfalz ist. Reagieren mussten aber alle auf die eine oder andere Weise. Er zum Beispiel räumt deutliche Rabatte auf nicht verschreibungspflichtige Medikamente ein. Und Brüggemann geht sogar noch weiter. Ihm sei es lieber, ein Kunde frage nach einem günstigeren Preis in Apotheke als stillschweigend im Netz zu kaufen.

Und auch im Fotoladen lohnt sich der zweite Blick. Denn gerade weil sie das Internetgeschäft haben und um die Konkurrenz wissen, gibt es im Laden keinen anderen Preis. Aber das sehen die Kunden mitunter schon gar nicht mehr.


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