Von unserem Redakteur Ulf Steffenfauseweh
Heddesdorf. Die Bienenkaul erlebt einen wahren Bauboom: Weit über 50 Wohneinheiten entstehen derzeit in dem Neubaugebiet auf dem Heddesdorfer Berg, berichtet Neuwieds Bauamtsleiter Jörg Steuler auf RZ-Anfrage. Und er spricht dabei nicht nur von einer bemerkenswerten Anzahl, sondern auch von einer bemerkenswerten Art von Gebäuden. Denn die privaten Investoren bauen in der Bienenkaul Mehrfamilienhäuser – und die sind laut Steuler in der Stadt Neuwied viele Jahre lang „nicht gegangen".
Aktuell sind fast die komplette Erich-Kästner-Straße entlang Gebäude im Bau. Ein noch leer stehendes Grundstück ist bereits verkauft, die Stadt besitzt damit ansonsten lediglich noch zwei freie Flächen direkt am Kreisverkehr, die für einen viergeschossigen Bau vorgesehen sind.
An der Astrid-Lindgren- und der Johanna-Spyri-Straße, wo der Löwenanteil der Grundstück der Gemeindlichen Siedlungsgesellschaft (GSG) gehört, sieht es dagegen noch anders aus. Um auch hier die Bautätigkeit anzuregen, hat der Rat kürzlich den Bebauungsplan geändert: Neben Reihenhäusern sind jetzt auch Einfamilienhäuser und Doppelhäuser erlaubt. Den stärksten Impuls würde hier aber wohl ein Lebensmittelmarkt geben. Für die vorgesehene Fläche zwischen Kinzig- und Ludwig-Erhard-Schule gibt es aber keinen Interessenten.
Insgesamt, so Steuler, läuft die Bautätigkeit in Neuwied wieder etwas stärker an. „Es gab immer welche, in einigen Jahren war es aber doch recht dünn. Jetzt laufen die noch vorhandenen Baugebiete aber so langsam voll", sagt er und nennt Beispiele: Auf Torney sei nicht mehr viel verfügbar, auch die Bachstraße in Heimbach-Weis fülle sich nach zurückhaltendem Beginn immer mehr. Die Folge für Steuler: „Wenn man weiß, wie lange die Aufstellung eines neuen Bebauungsplanes von der ersten Idee bis zur Ausweisung dauert, ist es durchaus sinnvoll, jetzt über neue Baugebiete nachzudenken."
Dabei meint der Leiter des Bauamtes allerdings nicht „wahnsinnig große Maßstäbe", sondern denkt an kleinere Gebiete in den Stadtteilen. Überlegenswert wäre zum Beispiel eine Erweiterung der Bienenkaul Richtung Westen: in den „Vogelfang". Positiv dort: Die Stadt besitzt in dem Gebiet mehrere Flächen. Das hat natürlich finanzielle Vorteile, in erster Linie ist laut Steuler aber wichtig, dass die Grundstücke dann mit einer Aufbauverpflichtung verkauft werden könnten. „Da hat man mehr Sicherheit als bei einem privaten Eigentümer, dass auch tatsächlich gebaut wird."
Insgesamt biete der 2007 aufgestellte Flächennutzungsplan „noch ganz viele Möglichkeiten" in den Stadtteilen. Favoriten gebe es da nicht. „Und ob alle ausgenutzt werden, wage ich doch zu bezweifeln", meint Steuler. Denn natürlich müsse man, wenn man über neue Baugebiete nachdenkt, immer auch das Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung im Blick behalten.
Und da sei die Stadt ebenfalls nicht untätig. Als Beispiel nennt er die Modernisierungszuschüsse, die zur Sanierung leer stehenden Wohnraums in der Innenstadt gewährt werden. Zudem ist kürzlich der Bebauungsplan „Am Oligspfad" geändert worden. Das heißt, dass Planungsrecht geschaffen worden ist dafür, dass an der Stelle der ehemaligen Obdachlosenunterkünfte am Zeppelinweg fünf neue Gebäude entstehen können.
Warum bauen trotz Bevölkerungsschwund?
Der viel beschworene demografische Wandel betrifft auch die Stadt Neuwied, wenngleich voraussichtlich weniger stark als die ländlichen Gebiete. Dennoch ist von einem Rückgang der Bevölkerungszahlen auszugehen. Warum also wird dann überhaupt noch neu gebaut? Laut Neuwieds Bauamtsleiter Jörg Steuler gibt es dafür zwei Gründe: Zum einen müssen teilweise Ersatzbauten her, weil alte Gebäude unter energetischen Gesichtspunkten nicht mehr rentabel sind. Zum anderen lieben es die Menschen immer luxuriöser: Es ist jedenfalls zu beobachten, dass der pro Person zur Verfügung stehende Wohnraum immer mehr zunimmt.