Ockenfels/Awukugua - Ein paar Tage noch, dann wird er wieder mit Gold behängt und auf einer Sänfte, mit Raubtierfell geschmückt, durch die Stadt getragen. Er wird von seinem Thron ins Volk winken und Auserwählte mit einem Schwert grüßen. Bald ist Gerhard Meickl aus Ockenfels wieder für ein paar Wochen als König in der ghanaischen Stadt Awukugua "tätig", wie er es selbst ausdrückt.
Die Ernennung des SPD-Ratsherrn für diese Rolle erregte 2008 von "Bild" bis "Stern" bundesweit Aufsehen. Jetzt erzählt er der RZ, wie es sich dauerhaft so lebt als König. Dieses Königsein, betont der 65-Jährige gleich, ist "ein kulturelles Ding", habe nichts mit Verwaltung zu tun: "Ghana ist eine Demokratie, eine vorbildliche sogar." Die 12 000-Einwohner-Stadt Awukugua hat mit ihm zwölf Chiefs. Somit ist König eine recht ungenaue Übersetzung ins Deutsche.
Chiefs treten zu Anlässen wie Beerdigungen in Aktion, vor allem aber zum Durba-Fest in der eigenen oder Nachbarstadt, das sie alle paar Jahre veranstalten. Erst nach und nach und durch die Videos mitgereister Freunde hat Meickl vieles von dem verstanden, was da passiert: Die Menschen versammeln sich unter Festzelten im Gras, die Chiefs der Nachbarstädte marschieren ein, es werden Reden gehalten von Politikern und Königen, es wird getrommelt und getanzt, Frauen winken ihm mit hellen Tüchern. Die rot-gold verzierten Sandalen Meickls darf sonst niemand anziehen, er selbst darf andere Könige nicht direkt ansprechen, sondern muss grundsätzlich seinen "Linguisten", einen Übermittler, bemühen. "Vielleicht wie Kirmes hoch drei, aber eben religiöser - eigentlich gibt es in Deutschland nichts Vergleichbares", sagt Meickl, auch um die ghanaische Kultur nicht herabzuwürdigen.
Was das Durba-Fest in Ghana genau bedeutet, muss er nachschlagen: "Die traditionellen Herrscher präsentieren sich der Öffentlichkeit in Verbundenheit mit den Ahnen, das Volk erneuert sein Versprechen, ihnen zu dienen", liest er vor. Die aktiv gläubigen Christen pflegen auch ihren Ahnenaltar, weil sie glauben, dass die Verstorbenen auf sie aufpassen.
Angetragen wurde Meickl die Königsehre, weil er seit 2003 gute Freunde in Awukugua hat und die "Ghana-Initiative direkt" zur Entwicklungshilfe gründete. Schule, Brunnen und Bibliothek hat sie schon finanziert. "Mit demselben Geld von hier kann man dort das Zehnfache erreichen", sagt Meickl. Vielleicht erklärt das "Computer Lab" seine Königswürde am besten: Es trägt Meickls ghanaischen Namen, Nana Awere. "In Deutschland hängt da der Bundespräsident, dort bin's ich."
So freut sich der selbstständige Architekt jedes Jahr auf sein zweites Leben in Awukugua und der Hauptstadt Accra, wo er ein zweites Haus hat: "Jeden Tag Sonne und 28 Grad, da gibt es kein Vertun". Es wird ein paar Königsauftritte geben. Er freut sich so, dass der Koffer schon gepackt ist - 18 Tage vor dem Abflug.
Von unserer Redakteurin Dorothea Müth