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Arbeiten in 140 Meter Höhe: Der Asberg wächst

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Unkel - Industriekletterer errichten in einem Waldstück bei auf dem Asberg einen Windmessmast. Kleine Rädchen an dem Turm sollen Daten über Sinn und Wirtschaftlichkeit eines Windparks liefern. Doch das Projekt ist hoch umstritten.

Von unserem Reporter Stefan Hantzschmann

Leise surrt die Stahlseilwinde und fädelt das wenige Millimeter dicke geflochtene Kabel auf. Gleichzeitig steigt ein 125 Kilogramm schwerer Abschnitt des Windmessturmes in die Höhe. Marcin Andrejczak und Jewgeni Fux packen das zusammengeschweißte Gestenge und bringen es in Position. Die beiden Indus-triekletterer arbeiten in elf Meter Höhe. Noch. Denn für den Aufbau des Windmessmastes in einem Waldstück auf dem Asberg müssen die beiden in den nächsten Tagen wesentlich höher - auf 140 Meter. Dort oben und an vier weiteren Punkten soll ein Jahr lang gemessen werden, wie kräftig der Wind auf dem Asberg weht. Sind die Werte hoch genug, soll dort bald Strom erzeugt werden.

Stolze 140 Meter, das ist selbst für die erfahrenen Kletterer Andrejczak und Fux nicht alltäglich. "Das Wetter ist ganz okay heute. Jetzt geht es ohnehin noch ganz gut. Aber in 80 oder 100 Meter Höhe ist es deutlich kälter, und der Turm könnte glatt sein", erklärt Andrejczak und schiebt seinen gelben Helm vom Kopf.

Unten am Boden liegen 47 Stahlrohrelemente bereit. Einige von ihnen sind rot-weiß lackiert. Sie werden die Spitze des Turmes bilden und sollen mithilfe von roten LEDs für den Flugverkehr am Himmel gut zu sehen sein. Der Mast wird auf einer kleinen Freifläche errichtet. Ein paar Bäume mussten gefällt werden, nach Angaben des Bauherrn, der Energieversorgung Mittelrhein (EVM), sind es 800 Quadratmeter Waldfläche.

Die EVM will mit dem Windmessmast prüfen, ob ein Windpark auf dem Asberg wirtschaftlich ist. Das lässt sich das Unternehmen einige Hunderttausend Euro kosten - allein der Mast kostet 140 000 Euro. Hinzu kommen Gutachten zu Natur- und Schallschutz. Weil das Projekt so groß ist, hat die EVM einen Pressetermin organisiert. Roland Kohler von der Bürgerinitiative romantischer Rhein haben sie nicht eingeladen. Gekommen ist er trotzdem.

Um Kohlers Hals baumelt ein Fotoapparat, in seinen Händen hält der Kommunalpolitiker (Grüne) Handzettel, die er an die Journalisten verteilt. "Man darf das hier nicht bauen", sagt er und erklärt, dass mit der Errichtung des Mastes in ein Biotop eingegriffen werde und ein natürlicher Quellbach Schaden nehme.

Christian Schröder, Sprecher der EVM, versucht zu beschwichtigen: "Wir halten uns an alle Vorschriften, an alle!" Kohler sieht das anders. Er hat bereits Beschwerden bei der Kreisverwaltung eingereicht und nach eigenem Bekunden den Fall unter anderem bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord angezeigt.

Inzwischen sind Marcin Andrejczak und Jewgeni Fux eine Etage höher geklettert und befestigen einen Metallrahmen mit Ösen, durch die später Sicherungsseile laufen. Mit dicken Schraubenschlüsseln ziehen sie die Schrauben an den Verbindungsstücken an und stützen sich dabei mit ihren Beinen vom Turm ab. Würden ihre Körper nicht am Kletterhaken hängen, sie würden in dieser Position wohl in die Tiefe stürzen.

"Die Kletterer sind doppelt gesichert. Einmal durch einen Haken direkt am Turm und ein zweites Mal mit den Sicherungsseilen", erklärt Mike Richter, der am Boden die Stahlseilwinde bedient. Er und seine Kollegen arbeiten für eine Firma aus dem Harz, die sich auf Messmasten spezialisiert hat.

Der Bau des Turmes soll bis Ende Januar abgeschlossen sein. Ob das klappt, hängt vor allem vom Wetter ab. Bei Frost ist die Arbeit für die Industriekletterer zu gefährlich. Auch starker Wind würde ihre Arbeit gefährden. Doch genau wegen dem Windpotenzial in dieser Gegend wird der Mast gebaut.

Der Asberg als Standort für einen Windpark ist umstritten. "Es stimmt, das ist hier ein Grenzbereich", sagt EVM-Sprecher Christian Schröder und meint die Wirtschaftlichkeit. Denn noch ist völlig unklar, ob es sich überhaupt lohnt, in diesem Gebiet Strom mit Windkraft zu erzeugen. "Wir brauchen eine Windgeschwindigkeit von etwa sechs Metern pro Sekunde", sagt Schröder. Stellt sich nach einem Jahr Windmessung heraus, dass die Werte im Durchschnitt darunter liegen, könnte das ganze Projekt scheitern. Die Naben der geplanten Windkrafträder sollen in 141 Meter Höhe liegen. Roland Kohlers Bürgerinitiative befürchtet eine Zerstörung des Rheinpanoramas. Christian Schröders EVM hofft, auf dem Asberg rund 60 Millionen Kilowattstunden Strom zu erzeugen. Und die Industriekletterer aus dem Harz wünschen sich gutes Wetter und wenig Wind.


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