Neuwied/Koblenz - Es ist ein außergewöhnlicher Missbrauchsprozess, ein außergewöhnlich widerlicher: Ein Rollstuhlfahrer (44) aus Neuwied – laut der Staatsanwaltschaft ist er pädophil und soll außerdem eine sexuelle Vorliebe für Exkremente haben – steht seit Mitte November vor dem Landgericht Koblenz, weil er einen Nachbarjungen 161-mal zum Sex gedrängt haben soll.
Von unserem Redakteur Hartmut Wagner
Jetzt, am sechsten Prozesstag, hat er dem Jungen vorgeworfen, die Vorwürfe erfunden zu haben. Der heute 16-Jährige habe sich im Internet immer wieder Pornos angesehen, die Menschen beim Sex mit Tieren zeigen, beim Trinken von Urin und Verzehr von Kot. Das, was er dort gesehen habe, werfe er nun fälschlicherweise ihm vor.
Gerhard Prengel, der Verteidiger des Rollstuhlfahrers, beantragte „namens und im Auftrag des Angeklagten", dass die Polizei den Computer des 16-Jährigen beschlagnahmt und dessen Inhalt auswertet. Dies soll beweisen, dass der Junge zur mutmaßlichen Tatzeit, das heißt von 2010 bis 2012, „intensiv auf Pornoseiten des Internets unterwegs war". Er soll mehrfach Fotos und Videos der Hardcorepornografie heruntergeladen haben.
Für den Rollstuhlfahrer geht es im Prozess um alles – ihm droht die Sicherungsverwahrung. Denn er ist ein einschlägig vorbestrafter Kinderschänder. Das Landgericht Koblenz verurteilte ihn bereits 2007 wegen Kindesmissbrauchs zu viereinhalb Jahren Haft. Er hatte zwischen 2003 und 2005 den Eltern von fünf Jungen erzählt, dass er sich einsam fühle. Die ließen es darum zu, dass ihre Söhne ihn regelmäßig in seinem Wohnwagen auf einem Campingplatz in der Verbandsgemeinde Selters besuchten. Der Mann machte den Jungen Geschenke und vergriff sich an ihnen – fast 60-mal. Auch in seiner Wohnung drängte er sie zum Sex. Bis sich ein Opfer seiner Mutter anvertraute.
Der angeklagte Neuwieder bestreitet die Vorwürfe im aktuellen Missbrauchsprozess. Aber: Der 16-Jährige sagte kürzlich vor Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus – und bestätigte die Vorwürfe der Anklage nach Informationen unserer Zeitung zum Großteil. Am sechsten Prozesstag sagte der Junge erneut aus – diesmal öffentlich. Der Vorsitzende Richter Thomas Metzger fragte ihn: „Können wir uns mal deinen Rechner ansehen?" Antwort: „Klar!" Der 16-Jährige erklärte, dort seien tatsächlich Pornos gespeichert – das sei aber durch den Angeklagten geschehen. Dieser habe mit einem TeamViewer-Programm Zugriff auf seinen Computer gehabt. Der Richter beauftragte die Polizei, die Rechner des Jungen und des Angeklagten sicherzustellen und auszuwerten.
Wir werden weiter über den Prozess berichten.