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Dierdorfer erhalten Medaillen für ihren sozialen Einsatz in Polen

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Dierdorf - Wer zu Zeiten des Kalten Krieges mit einem Lkw Lebensmittel aus Dierdorf zu Freunden ins polnische Krotoszyn transportiert hat, der brauchte schon eine gehörige Portion Mut.

Von unserem Redakteur Ralf Grün

Immerhin galt es, die scharf bewachten Grenzen von DDR und Polen zu passieren. Für eben diesen Mut haben jetzt die beiden Dierdorfer, Hans-Werner Gellner und Albert Daase, von polnischer Seite eine seltene Auszeichnung bekommen. Beide Männer sind frischgebackene Träger der Dankbarkeitsmedaille des Europäischen Solidarnosc-Zentrums. Mehr noch: Gellner und Daase sind dank ihres Engagements in gewisser Weise Mitinitiatoren der späteren Partnerschaft zwischen Dierdorf und Krotoszyn, die dann etwa durch Gerhard Schneider endgültig in die Wege geleitet worden ist.

Wie es in dem Anschreiben an Gellner heißt, ist diese Auszeichnung „Ausdruck unserer Dankbarkeit für alle Ausländer, die in Zeiten der Teilung Europas Mut bewiesen und das polnische Volk im Kampf um die Freiheit unterstützt haben“. Der 78-jährige Gellner konnte die Medaille aus gesundheitlichen Gründen nicht selber entgegennehmen. So erreichte ihn diese erst vor Kurzem mit der Post.

Gleichwohl kann sich der ehemalige stellvertretende Schulleiter des Martin-Butzer-Gymnasiums noch sehr gut an das Jahr 1980 erinnern, als er zusammen mit dem Hausmeister der Schule, Albert Daase, die ersten, von der polnischen Regierung tolerierten Lebensmitteltransporte nach Krotoszyn steuerte. „Wir haben mehr als einmal in den Lauf einer Kalaschnikow schauen müssen“, sagt er. Immer wieder waren sie der Willkür von Zöllnern und Grenzsoldaten ausgeliefert. Schon die DDR-Grenzsoldaten waren ihnen nicht allzu wohlgesonnen: „Sie schimpften auf die Polen und fragten, wieso wir denen etwas bringen würden und ihnen nicht.“ Auf polnischer Seite erging es ihnen nicht viel besser. Gellner: „Beim polnischen Zoll mussten wir den Lkw in einer Garage ausladen. Die Polen haben sich dann mit den Worten ,Warum fahrt Ihr die Sachen nach Krotoszyn? Wir haben doch auch nichts!' Lebensmittel und Waschpulver genommen. Selten sind wir mit der kompletten Ladung in Krotoszyn angekommen.“

An der Vorbereitung dieser Transporte waren einige Dierdorfer beteiligt. Hans-Werner Gellner weiß noch, dass emsiger Helfer damals auch in Betrieben Lebensmittelspenden eingesammelt haben. Ausgangspunkt des Ganzen war laut des jetzt Geehrten der Besuch eines Dierdorfer Lehrers in Polen. Dort habe dieser einen Lehrer aus Krotoszyn getroffen, ehe eins zum anderen kam. Aus diesen Anfängen ist später eine feste Partnerschaft erwachsen, die zunächst stark von der Hilfe der Dierdorfer für die Menschen in Krotoszyn geprägt war. Unter anderem erinnert sich Gellner auch an einen Schulmöbeltransport. „Wir konnten immerhin eine Klasse in Krotoszyn neu ausstatten.“

Mit der Gründung des Freundeskreises Dierdorf-Krotoszyn haben sich zunehmend andere Dierdorfer um die Partnerschaft verdient gemacht. Gleichwohl ist Hans-Werner Gellner als Vereinsmitglied immer dabei geblieben. Wenn polnische Gäste Dierdorf besuchen, nehmen er und seine Frau gern die Gastgeberrolle ein: „Bei uns in Brückrachdorf wohnt dann immer die Deutschlehrerin des Gymnasiums in Krotoszyn.

Alina Riedrich, Vorsitzende des Freundeskreises, nennt die Auszeichnung für die beiden Dierdorfer eine ganz besondere Sache: „Wenn Menschen zur rechten Zeit am rechten Ort sind und Mut beweisen, ist das eine tolle Sache. Die Auszeichnung ist aber auch eine für alle, die die Hilfsaktionen vor etwa 30 Jahren mitorganisiert haben.“

Ungeachtet dessen hat sich die Partnerschaft bis heute stark gewandelt. Riedrich: „Damals war das Engagement sehr wichtig für die Menschen in Krotoszyn.“ Heute sei das Miteinander von anderen Dingen erfüllt. Die Kommunen begegnen sich auf Augenhöhe, lernen und profitieren voneinander. Was sich allerdings im inzwischen längst geöffneten Europa nicht verändert hat: Deutschen wie Polen ist nach wie vor sehr daran gelegen, den freundschaftlichen Kontakt zu pflegen.


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